Fr 13.05.2016 Mehlinger Heide
Nach einem opulenten Frühstück geht es widerwillig auf die 17 ½ km lange Tour. Gönnen wir Brigitte ca. 8 Stunden Ruhe und Muße, um unsere Hinterlassenschaften zu entsorgen.
Unten an der neu errichteten Sportanlage des SVO mit seinem Kiosk und Naturschwimmbad biegen wir links in den Wald hinein. Gleich darauf müssen wir den Verlockungen der historischen Gaststätte „Wallonenhof“ mit seinem Biergarten widerstehen.
Das von einem Kommerzienrat errichtete Gebäude mit seiner sehenswerten Kassettendecke und Wandvertäfelung war Treffpunkt der Freimaurerloge in der Zeit ab 1893, die dort ihre Zusammen-künfte und Riten abhielten. Hitler verbot die Vereinigung, so dass es dann zeitweilig als Badehaus und Gartenvilla genutzt wurde. Das Schmuckstück glänzt mit einem kulturhistorischen Festsaal beson-derer Art. Heute wird die Gaststätte von Kulturinteressierten gerne besucht, die Essen und Musik in Einklang bringen wollen.
Die erste harmlose Steigung bringt uns nach 2 Km auf die Anhöhe gegenüber den Aussiedlerhöfen Münchschwanderhof, zur Stadt Otterberg gehörend. Nach Überqueren der Landstraße befinden wir uns in einem Bereich, der von zahlreichen Hügelgräbern der nachkeltischen Zeit geprägt ist. Leider existieren hier nur unscheinbare Reste – im Gegensatz zu den bekannteren beim Drehenthalerhof.
Eine 1954 errichtete Waldbühne (KM 5) hat auch ihre besseren Tage schon hinter sich: die Balborner Sänger ziehen mittlerweile ein Gasthaus für ihre Auftritte und Feierlichkeiten vor.
Ein breiter Fahrweg leitet uns nach insgesamt 6 km ganz dicht an die Mehlinger Heide, die wir hier aber noch nicht betreten, denn es wartet noch der Jüdische Friedhof direkt am Weg auf uns.
Schon seit 80 Jahren wird er nicht mehr für seine ursprüngliche Bestimmung genutzt, war auch schon Ziel von hirnlosen Geschichtsignoranten. Trotzdem ist er noch erstaunlich gut erhalten, man muss sich gar nicht den Schlüssel beim Ortsvorsteher holen, um das Gelände betreten zu können, denn von außen hat man einen fast genauso guten Einblick.
Wenn es nun etwas lauter wird, kann das an der Autobahn A 63 oder am Entsorgungsbetrieb Becker liegen. Wir verlassen den Wald. Links befinden sich die diversen Entsorgungsbereiche menschlicher Besitztümer.
Eigentlich sehr interessant da mal mit dem Auto reinzufahren. Ich tat es vor Jahren, um dort mehrmals Auffüllgrund für den Campingplatz zu holen. Ein riesiger Betrieb für die ca. 200.000 Einwohner des Landkreises und der Stadt. Alles was noch irgendwie verwertbar ist, wird hier gelagert oder weitergehandelt (Erdaushub, Papier, Glas, Kunststoffe, E-Schrott, …).
Nur wenige Schritte trennen uns noch von der Grillhütte (Flammkuchenhütte), wo die Arbeiter des Gewerbegebietes ihre Mittagspause verbringen. Unser Durst wird uns als Schwer-schaffende ausweisen. Wir fallen sicher nicht auf. Allerdings ist unsere gehlose Zeit auf 12-14 Uhr beschränkt, dann schließt das Lokal. Zur Not hätte es 100m weiter um die Ecke eine zweite Bleibe.
Wieder draußen betreten wir schweren Fußes eine von Munition noch ungeräumte Fläche, heißt, auf den nächsten 300m auf dem Weg bleiben. Jetzt dringen wir in den kleineren Teil der Mehlinger Heide vor. Der größere ist durch die Autobahn abgetrennt worden, er folgt aber im weiteren Verlauf.
Dem ersten erwähnten Donnersbergblick würdigen wir nur beiläufig unser Augenmerk. Es wird ein noch Besserer kommen. Die Schautafeln und Sitzgelegenheiten bestimmen auf den Lehrpfaden nun das Bild, das so ungewohnt hier erscheint.
Mehlinger Heide
Schon vor über 100 Jahren wurde das Gelände als Truppenübungsplatz genutzt. Nach dem 2. Weltkrieg durch die Amerikaner und jenseits der Bundesstraße B 40 durch die Franzosen. Als die Besatzer Ende der 90erjahre abzogen, fiel die Liegenschaft an den Bund. Der kurz zuvor fertiggestellte Autobahnbau nach Mainz war im Jahr 2001 dann der Anlass, diese landschaftliche Ausgleichsfläche als Naturschutzgebiet auszuweisen.
Die rigide Bodennutzung durch das Militär ließ auf dem 400 ha großen Buntsandsteingelände nur den Bewuchs durch einzelne Bäume zu, dazwischen hielt sich auf dem mageren Boden ein verstreuter Heidebewuchs. In den 10 Anfangsjahren des Heidestocklebens gedeiht die Pflanze gut und blüht willig, doch dann verkahlt der Stock von unten her und stirbt nach etwa 30 Jahren ab. Zwischenzeitig hätten die Birken, Kiefern und der Ginster längst die Oberhand gewonnen. Durch die Beweidung durch Schafe (Heidschnucken) kann dieser Prozess aufgehalten werden. Hinzu kommt, dass jährlich auf immer anderer Fläche der Humus von 3 cm auf null abgetragen werden muss, damit die oberste Bodenschicht karg bleibt. Nur so kann die größte Heidefläche Süddeutschlands erhalten bleiben.
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Noch immer gibt es eingezäunte Bereiche, die nicht vollständig von Blindgängern geräumt sind. Am höchsten Punkt liegen jetzt schon 10 km hinter uns. Schade, dass wir nicht im August zur Zeit der vollen Blüte hier sein können.
Nach einem weiteren Km dringen wir wieder in richtigen Wald ein und steuern den Rastplatz „Ultes“ an (KM 12). Danach fällt der Weg immer mehr, je mehr wir uns Otterberg nähern.
Vorbei am Stadtteil Althütterhof (ehem. Glasschmelzen) schon fast am Ortskern, wartet bei KM 15 Herr Kneipp mit seiner Wohltat für die geplagten Treter bzw. strapazierten Armbeugen auf. Eine letzte Gelegenheit um die Strümpfe zu lüften und den letzten Rest aus den Flaschen rausholen.
Ein kleiner Rundgang durch die z. T. noch mittelalterliche Altstadt (siehe Samstag) führt direkt zur „Alten Apotheke“, wo Markus Merk sich schon seit Jahren erfolgreich am Bierbrauen versucht. Wir probieren seine Versuche. Vielleicht ist auch die Kirche gerade offen, was wir zu einem Besuch nutzen. Sollten wir beim Schiedsrichter keinen Platz bekommen, sitzt man vor der „Krone“ eigentlich noch besser im Freien.
Ein knapper Km bis zur Badstube und einen weiteren halben bis zum Campingplatz.
Sa 14.05.2016 Hinkelsteintour
Da es in der Gegend etwas an Höhenmeter mangelt, müssen die Flachstrecken auf 18 km ausgebaut werden. Aus dem Campingplatz raus, testen wir gleich mal, wie energiegehaltvoll das Frühstück war: Ein kurzer heftiger Anstieg bringt uns schon auf Hochtouren und auf die „Hochebene“.
Hoffentlich brauchen wir die Überdachung des Pavillons (1 ½ km) heute nicht, ein schönes Rastplätz-chen ist es allemal, auch wenn es zu früh kommt. Einen Km weiter am Hinkelstein ist auf jeden Fall eine Pause an der Bank fällig.
Bereits 891 wurde der Hinkelstein (Hühnenstein) erstmals erwähnt. Später diente der Menhir als Grenzstein für die drei anliegenden Dörfer. Weitere Deutungen liegen im Bereich der Spekulation. Seine Größe wird mit 2,20 m x 1,50 m angegeben.
Gleich darauf endet der Wald. Es ist auch die nördliche Grenze des Pfälzer Waldes, ab hier präsentiert sich offenes Ackerland: das Nordpfälzer Bergland mit dem Donnersberg.
Abwärts erreichen wir bei KM 5 den vor gut hundert Jahren verlassenen Grafentaler Hof, bis vor kurzem noch bei der Gemeinde als anmietbaren Grillplatz zu haben, doch mittlerweile im Verfall begriffen. Eine Menge an rustikalen Bänken warten auf Gäste, die nicht mehr kommen.
Über die Straße und ein kurzes Stück an ihr entlang, bevor es endlich wieder aufwärts geht. Auf dem Höhenrücken angekommen, schwenken wir nach links und sehen wenn wir aufmerksam sind, rechter Hand immer wieder angedeutete Gräben.
Es sind dies die Schützengräben, die zur Verteidigung gegen die anrückenden französischen Revolutionstruppen 1793 angelegt wurden. Auf einer Länge von über einem Km sind die Aushebungen immer wieder an der Westseite des Höhenzuges zu erkennen. Vom 28.-30. Nov. 1793 tobte bei Morlautern ein blutiges Gemetzel, eine der wenigen Schlachten, die die Franzosen im Zeitraum bis 1815 verloren und das trotz zahlenmäßiger Überzahl. Das hinderte sie aber nicht daran, die Pfalz einzunehmen und bis an den Rhein vorzudringen. Die Niederlage wurmte den frisch gekrönten Imperator Napoleon so sehr, dass er sich 1804 auf den Weg machte, die Gegend um Otterbach zu inspizieren und über die Gründe nachzudenken. Zum Gedenken an die siegreiche Schlacht der preußisch-sächsischen Garden wurde 1893 in Morlautern der Aussichtsturm „Schlachtenturm“ erbaut.
Vorbei an einer Vielzahl von Grenzsteinen aus der Klosterzeit (Abtsstab) erreichen wir am Steinernen Kreuz wieder Otterberger Bebauung, den Lauerhof (KM 11). Eine weitere halbe Stunde benötigen wir bis zu der PWV Hütte von Otterbach, deren Öffnungszeiten noch erkundet werden müssen. Sollten wir vor verschlossenen Türen stehen, liegt unterhalb die Hütte des Tennisclubs. Letzte Rettung wäre dann nur noch der Kipperhof (KM 13) von 1750, schon in Ort Otterbach gelegen.
Über die ehemalige Bahntrasse geht’s in der nächsten knappen Stunde zurück nach Otterberg mit einem Wildgehege am Ortsrand.
Abschluss im Bereich der Kirche oder auf dem Campingplatz.
Geschichte Otterbergs
800 |
zur Zeit der Karolinger befand sich auf dem Schlossberg schon eine Burg, die „Otterburg“. |
1143 |
wurde auf dem Schlossberg ein Kloster gegründet. |
1209 |
zog dieses Kloster hinab ins Tal und man fing mit den Steinen vom Berg oben an, eine Zister-zienserabtei zu bauen. Damals noch mit einer Vorhalle, wie man heute an den Abbruchkanten am Gebäude erkennen kann. Das Kloster florierte durchaus mit seinen Weinkellereien (es gab tatsächlich Weinberge in Otterberg; Straße „Am Wingertsberg“), Brauereien und Mühlen. |
1563 |
läuteten die Calvinisten und in der Folge auch Pfalzgraf Johann Casimir nach der Religions-spaltung das Ende des Klosters ein. |
1579 |
zählte man 100 neue Familien, die als Glaubensflüchlinge aus Frankreich (Hugenotten) und Belgien (Wallonen) kamen und die abgewanderten Katholiken ersetzten. Otterberg wird auch Wallonenstadt genannt und belegt das mit einigen erhalten gebliebenen Familiennamen (Carra, Cherdron, Cloßet, Close, Cusnick, Cziborr), die prägend sind für diesen Umstand. |
1648 |
mit dem Ende des 30jährigen Krieges war der Landstrich entvölkert. |
1670 |
zerstörte zudem ein Brand weite Teile der Kirche und des Umfeldes. |
1706 |
erfolgte dann die endgültige Kirchenteilung. Im Querhaus und dem Altar durften die Katholiken ihrer Religion nachgehen, im Langhaus die evangelischen Gläubigen. |
1979 |
wurde die teilende Mauer erst abgerissen. |
Die im romanischen Baustil errichtete Abtei ist die zweitgrößte Sakralarchitektur in der Pfalz nach Speyer.
Eine Menge alt-ehrwürdiger Fachwerkhäuser aus dem 16.-17. Jahrhundert sind sehenswert. Viele sind mit Bau- und Nutzungsdaten versehen.